bioskop 6
Das Lehrwerk „bioskop 6, Gymnasium Bayern, Natur und Technik, Schwerpunkt Biologie“ ist 2018 erstmalig im Westermann-Verlag erschienen. Es ist konzipiert für den Biologie-Unterricht der Klasse 6 des bayerischen Gymnasiums. Neben dem Lehrwerk sind zusätzlich digitale Unterrichtsmaterialien in Form einer BiBox erhältlich, die für die Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts genutzt werden können. Ferner ist beim Verlag auch eine Strukturierungshilfe kostenlos downloadbar, die bei der langfristigen Planung unterstützen kann. Das Thema Landwirtschaft wird insbesondere im Kapitel Verwandtschaft der Wirbeltiere und Evolution angesprochen.
Lernziele und Kompetenzen
Die Schülerinnen und Schüler[1] erhalten mit der Bearbeitung der Schulbuchseiten die Möglichkeit, verschiedenste Kompetenzen zu erwerben, die vom Lehrplan des Bundeslandes Bayern gefordert werden. So wird dort beispielsweise angegeben, dass die Lernenden den Aufbau von Blütenpflanzen kennenlernen und das Zusammenwirken und die Aufgaben der unterschiedlichen Organe beschreiben. Das Lehrwerk setzt diese Forderungen auf der Doppelseite „Von der Blüte zur Frucht“ um, auf der ein Querschnitt durch eine Apfelblüte und einen Apfel abgebildet ist. Auch andere Fruchtformen wie Hülsenfrüchte (Erbse) oder Körner- bzw. Ährenfrüchte (Weizen) werden dargestellt und erläutert.
Ein weiterer curricularer Inhalt, der vom Schulbuch aufgegriffen wird, ist die Bionik: Übertragung von biologischen Strukturen und Funktionen auf technische Anwendungen. Dazu stellt das Lehrwerk auf einer Doppelseite informative Medien zusammen, die sich mit dem „Traum vom Fliegen“ befassen. Der Vogelflug einer Schwalbe wird mit dem Flug einer Airbus-Maschine verglichen und der Entwicklungsprozess dargestellt.
Der Lehrplan gibt weiterhin die Themen Verwandtschaft der Wirbeltiere und Evolution vor. Das Lehrwerk bietet dazu Seiten zur Domestizierung von Rindern und Schweinen an. Auch das Ökosystem Gewässer und dessen Schutz sind dort verankert.
Aufbau und Analyse der Kapitel
Das Schulbuch beginnt mit einer Auftaktseite, die die Überschrift und Impressum zeigt. Es folgt das Inhaltsverzeichnis, in dem die vier Oberkapitel, die neun Unterkapitel sowie weitere Untergliederungen vorgenommen und aufgezeigt werden. Darüber hinaus wird mit unterschiedlichen Symbolen gearbeitet: Das grüne G kennzeichnet die grundlegenden Anforderungen sowie das Grundwissen zum Thema, dass die Lernenden erwerben sollen. Mit einem roten M sind die Methodenseiten markiert, auf denen die Schüler zum Erlernen fachspezifischer und fachübergreifender Arbeitsweisen angeleitet werden. Ein rotes Ausrufungszeichen steht für den Sicherheitshinweis, der bei eigenständigen Untersuchungen der Schüler auf mögliche Gefahrenquellen hinweist oder zum korrekten Umgang mit den Objekten, Geräten und Stoffen mahnt. Des Weiteren ist ein grüner Kasten abgebildet, der darauf verweist, dass die grün hinterlegten Aufgaben einen höheren Schwierigkeitsgrad besitzen, vernetztes Denken oder einen kreativen Lösungsweg erfordern.
Die folgende Doppelseite widmet sich den Basiskonzepten der Jahrgangsstufe 6 des Faches Biologie, die im Rahmen der Bearbeitung dieses Lehrwerkes von Bedeutung sind (Aktive Bewegung, Fitness, Stoffwechsel, Informationsaufnahme und –verarbeitung sowie Fortpflanzung und Wachstum). Es schließt sich daran eine Doppelseite an, die Erläuterungen zu Aufgabenstellungen beinhaltet, Operatoren erläutert und grundlegende Methoden wie das Think-Pair-Share-Verfahren vorstellt. Die Einstiegsdoppelseiten besitzen großformatige Bilder sowie weitere schematische Darstellungen, die sich an das jeweilige Thema anlehnen. Auch auf den Themendoppelseiten sind die Medien vielfältig kombiniert: Texte, Bilder, schematische Darstellungen und Grafiken sowie Aufgaben sollen die biologischen Sachverhalte erläutern und zur vertieften Auseinandersetzung anregen. Auch die Methodendoppelseiten weisen eine ähnliche mediale Vielfalt auf. Jedes Kapitel schließt mit sogenannten „Grundwissenkarten“, die in Form von Ergebnistexten das Gelernte zusammenfassen und weitere vertiefende Aufgaben bereitstellen. Abschließend findet sich ein Glossar sowie ein Stichwortverzeichnis, weitere Sicherheitshinweise für das Experimentieren und ein Bildnachweis.
Reflexion
Insgesamt ist bereits deutlich geworden, dass das Lehrwerk durch eine gute Strukturierung der Sachverhalte und eine schülergerechte Darstellung und Aufmachung überzeugen kann. Besonders die Bilder der Einstiegsseiten sind von einer guten Qualität und motivieren die Schüler. Allerdings wäre es mit Blick auf die Transparenz der Inhalte für die Schüler wünschenswert, dass die zu erlernenden Kompetenzen dort noch einmal im Vorfeld vorgestellt werden. Die Texte der Themen- und Methodendoppelseiten sind teilweise sehr lang und sehr ungleich verteilt. Während einige ein sehr ausgeglichenes Bild-Text-Verhältnis aufweisen und durch ihre vielfältige mediale Auswahl bestechen, zeigen andere Doppelseiten ein weniger ausgeglichenes Bild. Dies kann vordergründig mit den immensen Textlängen begründet werden, wodurch auch Schüler des Gymnasiums eher demotiviert werden. Insbesondere auf den Methodendoppelseiten sollte motivierend auf die Lernenden eingewirkt werden, damit Begeisterung für das Erlernen der neuen Methode geweckt und ein Transfer auf andere Fächer/Aufgaben möglich wird. Darüber hinaus sind die Abschlussseiten, die das Gelernte in Ergebnistexten zusammenfassen, kritisch zu betrachten, da die Schüler so zum reinen „Auswendiglernen“ verleitet werden. Wünschenswert wären handlungs- und transferorientierte Aufgaben oder Rätsel, die die Schüler motivieren und zum Weiterdenken anregen.
Im Kapitel „Samenpflanzen als Lebewesen“ setzt sich eine Doppelseite mit dem Bewerten unterschiedlicher Apfelsorten auseinander. Um sie zu vergleichen, wird eine große Tabelle abgebildet, die verschiedene Kriterien anführt. Wünschenswert und handlungsorientierter wäre es, wenn die Schüler das Obst selbst verkosten würden. Die Texte beschreiben den Apfel als Lieblingsobst der Deutschen und benennen zentrale Aspekte zu Anbau, Pflege und Vertrieb in Deutschland. Im Rahmen der Aufgaben werden die Schüler dazu aufgefordert, auf der Grundlage der Informationen aus der Tabelle drei Äpfel für den Verkauf im Schulkiosk auszuwählen. Einmal mehr wird hier deutlich, dass ein handlungsorientierteres Vorgehen eine praxisnahe Vermittlung unterstützen könnte. Zudem ist der große Textanteil auf dieser Seite als unvorteilhaft zu bewerten.
Eine weitere Themendoppelseite im Kapitel „Verwandtschaft der Tiere und Evolution“ gibt es zum Wildschwein als wild lebender Verwandter des Hausschweins. Darin erfolgt eine ausführliche Beschreibung des Wildschweins. Mithilfe von Bildern und Texten werden grundlegende Gemeinsamkeiten und züchtungsbedingte Unterschiede aufgezeigt. In den schematischen Darstellungen der Schweine werden insbesondere die Unterschiede im Körperbau und der Mastfähigkeit der Tiere deutlich. Die Aufgaben legen den Fokus auf eine kritische Auseinandersetzung mit der Schweinefleischproduktion. Fachbegriffe wie „artgerechte Haltung“ oder „Tierwohl“ werden ohne Erläuterung und Definition im Text genutzt. Zudem findet sich eine kontrastierende Darstellung der konventionellen und ökologischen Schweinehaltung. Die Schüler werden in den Aufgaben zu einer kritischen Bewertung aufgefordert, für die jedoch durch die Materialien dieser Seite nur verkürzte Informationen zur Verfügung stehen.
Die Doppelseite „Einflüsse des Menschen auf das Ökosystem – Gewässerschutz“ im Kapitel 9 zeigt große Bilder und bietet auch ein Experiment zum Thema an. Der Text beleuchtet die Emissionen menschlicher Produktionsprozesse und deren Einfluss auf das Ökosystem Gewässer. Die Aussagen des Textes sind teilweise pauschalisierend, was auch an der Nutzung von Formulierungen wie „Massentierhaltung“ oder „unachtsamer Umgang“ deutlich wird. Zudem sind die gewählten Abbildungen teilweise nicht zeitgemäß. Wünschenswert wäre ein mehrperspektivischer und fachübergreifender Zugang zur Thematik, der die Komplexität der Bezüge verdeutlicht. Die angebotenen Aufgaben greifen dafür etwas zu kurz. Es empfiehlt sich auch ein stärkerer regionaler Bezug, der durch eine Erkundung zu einem örtlichen See realisiert werden könnte.
Abschließend lässt sich in der Gesamtsicht sagen, dass das Schulbuch durch seine hohe Schülerorientierung, die qualitativ hochwertigen Bilder und die gute Strukturierung der Seiten überzeugen kann. In der detaillierteren Auseinandersetzung war jedoch auffällig, dass die Texte teilweise sehr lang sind und auf einigen Seiten ein ungleiches Verhältnis zu den Bildern besteht, was Schüler eher demotiviert. Zudem wären mehr Transparenz der Lernziele für die Schüler, eine verstärkte Handlungs- und Transferorientierung in den Kapiteln und Aufgaben sowie eine bessere Passung zwischen ihnen wünschenswert. Hier sollte insbesondere das außerschulische Lernen fokussiert werden, dass einen wertvollen Beitrag zur eigenständigen Auseinandersetzung und nachhaltigen Festigung mit den Inhalten bietet.
[1] Zur besseren Lesbarkeit wird im Folgenden das generische Maskulinum verwendet.
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