PRISMA Naturwissenschaften 2
Das Schulbuch „PRISMA Naturwissenschaften 2, Differenzierende Ausgabe mit CD-ROM“ ist für den naturwissenschaftlichen Unterricht aller Bundesländer ausgelegt. Es ist im Jahr 2013 in der ersten Auflage im Klett-Verlag erschienen. Begleitend ist im Lehrwerk eine CD-ROM enthalten, die zusätzliche Trainingsmaterialien für die Lernenden anbietet. Daneben stellt der Verlag weitere Materialien online für Lehrkräfte zur Verfügung, darunter Lehrerbände, Kopiervorlagen und einen digitalen Unterrichtsassistenten. Gleichzeitig wirbt das Buch damit, differenzierende Aufgaben zu beinhalten. Das Thema Landwirtschaft wird vordergründig im Kapitel „Nahrungsmittelproduktion – Tiere und Pflanzen nutzen“ thematisiert. Randbereiche der Agrarwirtschaft, wie zum Beispiel die Holzwirtschaft oder die Zusammensetzung von Lebensmitteln, werden in anderen Kapiteln besprochen.
Lernziele und Kompetenzen
Für den Einsatz in allen Bundesländern Deutschlands konzipiert, können die Schülerinnen und Schüler[1] mit dem Schulbuch vielfältige Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln. Angelehnt an die Lehrpläne der naturwissenschaftlichen Fächer in Schleswig-Holstein lassen sich zahlreiche Übereinstimmungen feststellen. Neben der Bedienung des fächerübergreifenden Querschnittsthemas „Ohne Landwirtschaft geht es nicht!“, worin die Bedeutung der Landwirtschaft umfangreich und mehrperspektivisch angegangen werden soll, werden die konventionelle und ökologische Landwirtschaft auf einer Doppelseite gegenübergestellt. Aufgegliedert in Ackerbau und Viehzucht werden hier Vergleiche und Alltagsbeispiele angeführt. Auch der Aspekt der unterschiedlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft wird unter anderem auf der Seite „Der Bauernhof als Betrieb“ dargelegt. Darin werden das Einkommen und die Ausgaben von Landwirten betrachtet. Diese Seiten leisten darüber hinaus einen Beitrag zur Berufsorientierung.
Aufbau und Analyse der Kapitel
Im Einband wird die Struktur des Schulbuches umfangreich erklärt. Zunächst werden die Auftaktseiten angeführt. Diese führen in ein neues Thema ein, stellen interessante Bilder und spannende Fragen bereit, mit denen die Motivation der Schüler gefördert werden soll. Auch ein Webcode (Prisma-Code) ist auf diesen Seiten abgedruckt, der im Internet weitere additive Angebote gibt. Die sogenannten Basisseiten behandeln die entsprechenden Themen, geben Aufgaben, fassen die zentralen Aussagen kompakt zusammen und bieten Experimente an. Das Lehrwerk stellt außerdem Sonderseiten bereit, die farblich verschieden gekennzeichnet sind. Lexikon-Seiten sind in blau unterlegt. Sie stellen Begriffe vor und erklären sie. Werkstatt-Seiten sind grün eingefärbt und geben Versuchsanleitungen für die Schüler. Auf den roten Strategie-Seiten werden Methoden erklärt. Zusammenhänge können auf den Basiskonzept-Seiten nachgelesen werden. Extra-Seiten beinhalten Exkurse und zusätzliche Informationen zu besonderen Themen. Sie dienen des Weiteren zur quantitativen Differenzierung. Am Ende jedes Kapitels stehen Abschlussseiten, die zur individuellen Überprüfung des Gelernten dienen. Weiterhin werden Symbole erläutert, die beim Lösen der Aufgaben von Bedeutung sind.
Es folgt das Inhaltsverzeichnis, in dem die einzelnen Kapitel vorgestellt werden. Es gibt insgesamt zehn große Kapitel, die 14 Unterkapitel zusammenführen. Aus dem Inhaltsverzeichnis wird ersichtlich, welche Themen und Sonderseiten jeweils darin enthalten sind. Das Kapitel 7 „Tiere und Pflanzen nutzen“ beschäftigt sich mit der Nahrungsmittelproduktion und legt besonderen Fokus auf die Rinder- und Schweinehaltung sowie auf den Ackerbau. Die ersten beiden Doppelseiten setzen sich mit den Rindern als Nutztiere auseinander. Während eingangs die Bedeutung der Tiere für den Menschen erläutert wird, steht im zweiten Teil die Haltung im Mittelpunkt. Auch die Milchproduktion hat darin ihren Platz. Dazu gibt es eine Werkstatt-Seite, die sich mit der eigenen Herstellung von Milchprodukten beschäftigt. Es folgt eine Doppelseite zum Hausschwein. Ähnlich wie beim Rind wird komprimiert über die Domestizierung und Haltung der Tiere berichtet. Im Anschluss daran wird der Fokus auf den Bauernhof als Betrieb gelegt. Das Leben auf einem Hof sowie das tägliche Geschäft der Landwirte wird in den Blick genommen. Danach geht es um den Ackerbau. Vom Anbau des Getreides über die Darstellung der verschiedenen Sorten und Produkte wird der Weg vom Halm zum Brot nachgezeichnet. Auf Sonderseiten wird zum Selbstbacken von Brot angeleitet sowie ein Überblick über Brotsorten und die Zusatzstoffe in Lebensmitteln gegeben. Daran schließen sich die eher biologischen Schwerpunktsetzungen an, die sich mit der Fotosynthese und der Düngung beschäftigen. Auch ein kleiner Exkurs erfolgt in diesem Rahmen zum Erfinder des Mineraldüngers Justus von Liebig. Im letzten Kapitel werden die konventionelle und die ökologische Landwirtschaft miteinander verglichen. Mit einer abschließenden Zusammenfassung und Abschlussseite schließt das Kapitel.
Wie eingangs bereits erwähnt, beschäftigt sich das Kapitel 7 „Tiere und Pflanzen nutzen“ umfassend mit dem Thema Landwirtschaft. Im Weiteren soll daher explizit auf dieses Kapitel geblickt und einige Doppelseiten exemplarisch für eine Reflexion ausgewählt werden.
Reflexion
Insgesamt lässt sich sagen, dass das Schulbuch sehr einheitlich gestaltet und strukturiert ist. Die unterschiedlichen Medien werden abwechslungsreich und zielführend miteinander kombiniert. Die Texte bestechen durch ihre gute Gliederung, die Hervorhebung wichtiger Begriffe sowie durch die schülergerechte Sprache. Außerdem wird am Ende jeder Doppelseite eine kurze Zusammenfassung des Textes gegeben. Im Vergleich zu den übrigen Materialien nehmen die Texte jedoch einen sehr großen Anteil auf einer Doppelseite ein, sodass die Schüler in der Arbeit damit schnell demotiviert werden. Die Bilder veranschaulichen die Sachverhalte und ergänzen die im Text gegebenen Informationen. Auch die Schaubilder und Grafiken sind sehr gelungen und ermöglichen eine gute Durchdringung der Lerngegenstände. In den Aufgaben wird ebenfalls zur Weiterarbeit mit den Materialien angeregt. Sie sind taxonomisch gegliedert und lassen sich weitgehend mit den zur Verfügung gestellten Informationen beantworten. Allerdings könnten sie handlungsorientierter formuliert sein.
Auf der Doppelseite zum Hausschwein wird zunächst die Domestizierung von Wildschwein zum Hausschwein thematisiert. Mögliche Züchtungen und Haltungsformen werden weiterführend behandelt. Dabei wird auch auf die konventionelle Tierhaltung eingegangen. In dem Textabschnitt, der sich mit der Freilandhaltung auseinandersetzt, wird diese sehr idyllisiert beschrieben. Zudem wird durch Platzierung der Ausführungen zur Freilandhaltung der Eindruck erweckt, dass Freilandhaltung noch häufig anzutreffen ist, was weniger der Fall ist. Auch der Fachbegriff ökologische Tierhaltung tritt nicht auf. Im Weiteren wird die konventionelle Tierhaltung von Schweinen betrachtet. Unter Verwendung des Begriffes Massentierhaltung wird eher negativ über die Haltung der Tiere berichtet. Darüber hinaus stimmen die Aussagen im Text nicht mit den Angaben im Bild überein. Die Aufgaben, die auf diese Textauszüge Bezug nehmen, intendieren eine Meinungsbildung zugunsten der ökologischen Haltung. Bereits in ihrer Formulierung lässt sich erkennen, dass in der Beantwortung eine ablehnende Meinung erzeugt werden soll. Streitbar ist auch der Einsatz des Begriffes „artgerecht“ in Aufgabe 5, zu dem in den Materialien der Doppelseite keine Erklärung gegeben wird. Der zweite inhaltliche Komplex der Ausführungen beleuchtet das Thema Gülle. Es wird in drei Abschnitten vom Gülleaufkommen in der Schweinehaltung und von ihrer Nutzung als Felddünger und Energielieferant berichtet. Die Ausführungen sind teilweise negativ geschildert und oberflächlich gestaltet. In den Aufgaben wird kein weiterer Bezug darauf genommen.
Eine einzelne Seite setzt sich mit dem Bauernhof als Betreib auseinander. In vier kleinen Textabschnitten wird die wirtschaftliche Perspektive der Landwirtschaft in den Blick genommen, was sehr löblich ist. Bisher gibt es kaum Lehrwerke, die sich mit dieser vielschichtigen Thematik befassen. Im Mittelpunkt stehen Milchviehbetriebe. Die Texte greifen die einzelnen Faktoren, wie Strom-, Futter- und Tierarzt- sowie weitere Betriebskosten auf. Auch das Einkommen aus dem Verkauf der Milch und das Zustandekommen des Milchpreises werden erläutert. Die Zahlen und die prozentualen Angaben, die dort gemacht werden, sind realitätsnah. Das Problem besteht jedoch darin, dass es große regionale Unterschiede gibt, wie zum Beispiel bei der durchschnittlichen Betriebsgröße. So wird beispielsweise davon ausgegangen, dass ein durchschnittlicher Milchhof mit 60 Tieren ausgestattet ist – regionale Unterschiede kommen hierbei jedoch kaum zum Ausdruck. Auch das Entstehen des Milchpreises und die prozentualen Anteile, die auf Molkereien, Verpackung und Einzelhandel sowie auf Logistik entfallen, variieren teilweise in Abhängigkeit von den Unternehmen sehr stark. Die Aufgaben nehmen Bezug auf diese Werte und regen dazu an, sich tiefgründiger mit dem Thema zu befassen. Problematisch ist jedoch, dass weder in den Texten noch in den Aufgaben ein ausreichender Bezug zur Lebenswelt der Schüler hergestellt wird. Auch ein Blick auf aktuelle Problemstellungen der Branche wird nur in Ansätzen realisiert.
Auf einer Doppelseite wird ausführlich zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft unterschieden. Dabei wird in Ackerbau und Viehzucht aufgegliedert. Die Texte nehmen auf dieser Doppelseite einen sehr großen Teil ein, es wird kaum mit Bilden gearbeitet. Die Ausführungen zur konventionellen Landwirtschaft beinhalten problemorientierte Aussagen und lassen zum Teil eine fachlich richtige Darstellung vermissen. Wichtige und kennzeichnende Fachbegriffe fehlen auf beiden Seiten. In den Aufgaben wird dieses Vorgehen fortgesetzt. Dennoch wird zum weiterführenden Denken angeregt, wenngleich eine stärkere Akzentuierung der Biolandwirtschaft erfolgt. Wünschenswert wäre statt dieser kontrastierenden teilweise diametralen Gegenüberstellung beider Wirtschaftsformen („Konventionell oder Ökologisch?“) die Herausarbeitung zentraler Merkmale. So würden Vor- und Nachteile unabhängig voneinander deutlich.
Alles in allem ist zu sagen, dass das Schulbuch einen sinnvollen Beitrag zur Thematisierung landwirtschaftlicher Inhalte im naturwissenschaftlichen Unterricht geben kann. Es werden klassische aber neue Themen aufgegriffen. In der Reflexion hat sich gezeigt, dass die Seiten abwechslungsreich, einheitlich und schülergerecht gestaltet sind. Lediglich der große Textanteil auf einigen Seiten, der viele vor allem lernschwächere Schüler eher demotiviert, ist seine Gestaltung betreffend zu hinterfragen. Inhaltlich sind die zum Teil negativen Darstellungen der konventionellen Landwirtschaft und die positiven Hervorhebungen für die ökologische Landwirtschaft als problematisch anzusehen. Diese häufig in Lehr-Lern-Materialien anzutreffende Kontrastierung bzw. diametrale Gegenüberstellung von ökologischer und konventioneller Landwirtschaft zeigt sich erneut als nicht zielführend. Wünschenswert wäre eine Erkundung eines außerschulischen Lernortes, um die Prozesse transparent zu machen, eine originale Begegnung sowie eine freie Meinungsbildung zu ermöglichen.
[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Weiteren die maskuline Form verwendet.
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