Lernwerkstatt – Die moderne Landwirtschaft
Das Heft „Lernwerkstatt – Die moderne Landwirtschaft“ ist 2018 in der ersten Auflage im Kohl-Verlag erschienen. Als Lernwerkstatt stellt es Arbeitsmaterialien bereit, die als Kopiervorlage oder in der geschlossenen Form als Arbeitsheft im Unterricht eingesetzt werden können. So ermöglicht es einen Einsatz im täglichen Unterricht, in der Ganztagsbildung, in Projekten oder informellen Settings. Die Materialien sind für die Klassenstufen 6 bis 10 geeignet. Das Thema „Landwirtschaft“ wird auf allen Seiten des Heftes angesprochen.
Lernziele und Kompetenzen
Im Rahmen der Bearbeitung der Arbeitsmaterialien erhalten die Schülerinnen und Schüler[1] die Möglichkeit, zahlreiche Kompetenzen zu erwerben, die auf die unterschiedlichen Lehrpläne der Bundesländer abgestimmt sind.
So wird beispielsweise im Baden-Württembergischen Bildungsplan der Sekundarstufe I für das Fach Biologie gefordert, dass im Kompetenzbereich „Standards für inhaltbezogene Kompetenzen“ unter dem Themenschwerpunkt „Wirbeltiere“ die Kennzeichen bzw. „die Lebensweise und de[r] Körperbau von zwei Säugetieren, die als Haus- oder Nutztiere gehalten werden“ beschrieben und verglichen werden können, z.B. Katze, Rind, Pferd, Hund, Schwein (Ministerium für Kultur, Jugend und Sport 2016, S.22). Diese Forderung wird auf den Seiten zur Tierhaltung der Schweine, Geflügel und Rinder umgesetzt. Die Schüler erhalten beispielsweise bei den Rindern statistische Daten zu den Beständen oder zur Anzahl der Tiere in den einzelnen Bundesländern. Komplettiert wird dies durch umfangreiche Texte und Bildmaterialien, mit denen die Schüler befähigt werden, Aussagen zur aktuellen Situation in Deutschland zu treffen. Darüber hinaus lernen sie, spezifische Besonderheiten in der Haltung der Tiere kennen und unterscheiden.
Das Heft gliedert sich in 15 Kapitel und teilweise einzelnen Unterkapiteln auf. Folgende thematische Akzente werden dabei gesetzt: Landwirtschaftliche Geräte – Entwicklung, Beschäftigte in der Landwirtschaft, landwirtschaftliche Betriebsformen, Gemüse- und Obstbau, Weinbau, Tierhaltung, Digitalisierung der Landwirtschaft, Ökologische Landwirtschaft, Intensive Tierhaltung – Massentierhaltung, Monokulturen in der Landwirtschaft, Hofnachfolge in landwirtschaftlichen Betrieben. Dabei kommt den einzelnen landwirtschaftlichen Geräten und den unterschiedlichen Tierhaltungen im Vergleich zu den übergeordneten Themen ein wesentlich größerer Anteil zu.
Analyse
Aufbau des Heftes
Das Heft stellt eine bunte Mischung von Materialien und dazugehörigen Aufgaben bereit, die vor allem das Wissen über landwirtschaftliche Geräte, Tierhaltung in der Landwirtschaft usw. anbahnen. Einleitend gibt es auf den Seiten drei und vier einen Überblick über den Inhalt sowie über die Konzeption und Handhabung des Heftes. Die einzelnen Seiten sind, wie bereits erwähnt, in Kapitel und teilweise entsprechende Unterkapitel gegliedert. Auffallend ist hierbei die unterschiedliche Struktur und Wichtung. Die Tierhaltung als Kapitel, vor allem die der Rinder, erfährt hierbei eine deutlich umfangreichere Betrachtung als die genannten anderen Themen.
In den einführenden Seiten der jeweiligen thematischen Komplexe wird mit Grundinformationen bzw. kleinen Texten begonnen. Diese bilden die Basis für die darauffolgenden Aufgaben, welche das erworbene Wissen abfragen. Aufgaben stellen z.B. Ankreuz-, Vervollständigungs- oder offene Fragen dar. In den Kapiteln werden weitere Texte, statistische Daten in Form von Diagrammen oder Tabellen und Bilder dargeboten, zu denen weitere Aufgaben gestellt werden. Der Abschluss des Heftes wird durch Abschlussaufgaben umgesetzt, die eher einen Rätsel-Charakter besitzen. Danach schließen sich die Lösungen an.
Reflexion
Im Rahmen der Analyse zeigt sich, dass die Schüler auf vielfältige Weise Informationen und Wissen zum Thema „Landwirtschaft“ gewinnen können. Die Texte und Arbeitsaufträge der Seiten sind altersangemessen und gut verständlich. Auch die Bilder sind altersadäquat und abwechslungsreich ausgewählt. Durch die vielfältigen Aufgaben werden die Lernenden motiviert und zur weiterführenden Auseinandersetzung angeregt.
Die ersten Seiten widmen sich der Entwicklung landwirtschaftlicher Geräte. Dabei wird besonders auf Schlepper, selbstfahrende Arbeitsmaschinen wie Mähdrescher, Kartoffel- und Rübenroder sowie auf die Drillmaschine eingegangen. Zu den einzelnen Maschinen werden umfangreiche Texte angeboten. Der Erkenntniserwerb wird durch Textverständnisaufgaben im Multiple-Choice-Format, Lückentexte und Ordnungsaufgaben unterstützt. Hinzu kommen Bilder, die passend zu den jeweiligen Inhalten ausgewählt wurden. Als problematisch ist die außerordentliche Länge der Texte zu bewerten, durch welche die Lernenden eher demotiviert werden. Teilweise sind die Ausführungen sehr detailliert, sodass den Schülern der Blick für das Wesentliche schnell verloren geht. Die Aufgaben sind taxonomisch gegliedert und ermöglichen so ein Arbeiten mit unterschiedlich leistungsstarken Lerngruppen.
Den zweiten Schwerpunkt markiert die Darstellung des Strukturwandels der Landwirtschaft. Dazu werden zwei Kapitel angeboten: Während sich eines mit der Beschäftigtenstruktur befasst, setzt sich zweites mit den landwirtschaftlichen Betriebsformen auseinander. Neben den Texten kommen insbesondere Grafiken und Tabellen zur vertiefenden Auseinandersetzung zum Einsatz. Hierzu bietet das Lehrwerk vordergründig Aufgaben an, die zum vernetzten Denken anregen und dem Anforderungsbereich III zuzuordnen sind.
Kern des Heftes bilden die Seiten zum Obst-, Gemüse- und Weinanbau sowie zur Tierhaltung der gängigen landwirtschaftlichen Nutztiere: Schweine, Geflügel (Mastgeflügel und Legehennen) sowie Rinder und Milchkühe. Die Seiten sind ähnlich den vorangegangenen: sehr informativ und umfassend recherchiert. Zudem zeichnen sie sich durch teilweise sehr lange Texte aus, die bis zu zwei Seiten einnehmen. Die einzelnen Kapitel unterscheiden sich bezüglich des Umfangs und der Themenstellung. Während alle auf grundlegende Aspekte wie Aufzucht, Haltung und Produkte (Fleisch, Ei, Milch) eingehen, kommt insbesondere auf den Seiten zum Milchvieh und zum Schwein der wirtschaftliche Aspekt zum Tragen. Darin wird in Ansätzen über die aktuellen Preisproblematiken für die Produkte Milch und Fleisch berichtet. Bei genauerer Betrachtung der Texte fällt auf, dass sie einige inhaltliche Fehler besitzen. So wird beispielsweise bei der Trächtigkeit von Schweinen angegeben, dass diese 4 Monate, 4 Wochen und 4 Tage tragen. Hinzu kommen Bilder, denen leider die Beschreibung und somit insgesamt der Bezug zu den Inhalten fehlt. Wünschenswert wäre eine bessere Einbindung, zum Beispiel im Rahmen der Aufgaben. Außerdem finden sich auf den Seiten statistische Elemente, die den Erkenntniserwerb unterstützen sollen, zu denen jedoch keine Quellenangaben gemacht werden.
Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Digitalisierung der Landwirtschaft. Auf zwei Seiten werden moderne Methoden der Feldbewirtschaftung erläutert. Darunter fällt beispielsweise die Arbeit mit GPS, Drohnen oder Apps, die die Ernte und Schädlingsbekämpfung effektiver machen. Erneut wird ergänzend mit Bildern gearbeitet. Nach dem Lesen der Texte steht die Beantwortung von Aufgaben, mit denen das Gelesene vertieft werden kann.
Darauf folgt die Betrachtung der Themen ökologische und konventionelle Landwirtschaft. Im Letztgenannten wird zusätzlich in Viehzucht und Pflanzenbau unterschieden. Die Seiten zur ökologischen Landwirtschaft warten mit umfangreichen Texten, anschaulichen Grafiken und vielfältigen Aufgaben auf. Es zeigt sich jedoch dieselbe Problematik, wie bereits auf den vorangegangenen Seiten: Die Texte sind teilweise sehr lang und enthalten sehr detaillierte Informationen, sodass der Blick für das Wesentliche verloren geht. Hinzu kommen die Grafiken ohne Quellen und die Bilder werden nicht in den Gesamtzusammenhang einbezogen. Insgesamt wird die ökologische Landwirtschaft sehr positiv dargestellt: Ihre Vorteile werden herausgehoben, wirtschaftliche Problemstellungen, die sich daraus ergeben nur sehr kurz abgehandelt. Eher negativ wird hingegen die konventionelle Landwirtschaft präsentiert. Wenngleich die Zusammenhänge angemessen dargelegt werden, wird ein negativer Eindruck erweckt und eine nachteilige Meinungsbildung über die Aufgaben angeregt. Wichtig wäre es, einen informativeren Charakter zu forcieren sowie die Bilder zielgerichteter auszuwählen und einzusetzen.
Insgesamt besticht das Lehrwerk durch seinen informativen Charakter und die umfangreiche Darstellung der landwirtschaftlichen Sachverhalte. Besonders gelungen sind die anschaulichen Grafiken und verschiedenartigen Aufgaben, die allerdings noch abwechslungsreicher sein könnten. Wünschenswert wäre zudem eine bessere Einbettung der Bilder in die Bearbeitung der Materialien. Kritisch zu bewerten sind die großen Textmengen im Heft. Besonders ihre Länge und die Vielzahl der gegebenen Informationen überfordert viele Schüler. Ein Einsatz in der Klassen 6 bis 8 ist daher nur dann möglich, wenn die Lehrkraft entsprechend ihrer unterrichtlichen Zielsetzung und der Lerngruppe die Inhalte und Materialien auswählt und den Lernenden zur Verfügung stellt. Bei der Behandlung gesellschaftlich brisanter Themen, wie beispielsweise der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft, empfiehlt sich eine gewisse Lenkung zur Bildung einer persönlichen Meinung, zu der auch außerschulisches Lernen einen wertvollen Beitrag leistet.
[1] Im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum genutzt.
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