Lebensmitteln auf der Spur
Das Arbeitsbuch „Lebensmitteln auf der Spur“ ist 2022 in der ersten Auflage im Beltz-Verlag in der Nikolo-Reihe erschienen und adressiert Lehrkräfte sowie Betreuer:innen von Kindergarten-, Vor- und Grundschulgruppen. Im Zentrum stehen Methoden zur Auseinandersetzung mit der Herkunft unserer Lebensmittel. Dabei gibt das Arbeitsbuch Vorschläge zur unterrichtlichen Umsetzung, insbesondere für Kleinprojekte und handlungsorientierten Unterricht. Kopiervorlagen können digital abgerufen werden. Es orientiert sich teilweise am Kinderbuch „Wo kommt mein Essen her?“ vom selben Verlag, baut aber nicht zwingend darauf auf. Das Buch wurde bereits rezensiert und eignete sich für die Arbeit mit Kindern unter acht Jahren, dennoch ist aus unserer Sicht eine Begleitung der Kinder durch Pädagog:innen oder Eltern erforderlich. Daher möchte das vorliegende Heft den Lernbegleiter:innen handlungsorientierte Optionen anbieten, das Thema für diese Altersgruppe aufzubereiten.
Lernziele und Kompetenzen
Mit der Bearbeitung der vorgeschlagenen Projekte haben die Lernenden die Möglichkeit, die Herkunft ihres Essens handlungsorientiert zu erkunden und verschiedene Kompetenzen rund um diese Thematik zu erwerben. Handlungsorientierung ist das leitende Konzept des Heftes, bei dem die Kinder mit Kopf, Herz, Hand und allen Sinnen lernen. Hervorzuheben sind an dieser Stelle die Projekte zum Mahlen und Verbacken von Mehl und zum Ausbringen von Kürbissamen sowie zu den Nützlingen im Garten. Diese sind besonders zielführend für die Schüler:innen, da sie direkt mit den Lebensmitteln und/oder Urprodukten in Berührung kommen und damit aktiv etwas Neues entwickeln. Die anderen Projekte sind in gleichem Maße spannend, erfordern jedoch eine intensive Transferleistung – also eine Übertragung in die eigene Realität und Lebenswelt – von der begleitenden Lehrkraft und vom Lernenden selbst.
Auch die Möglichkeiten der außerschulischen Erkundungen und Aktivitäten wird immer wieder aufgebracht. Diese ist der Bearbeitung eines Themas im Klassenzimmer immer vorzuziehen.
Aufbau und Analyse des Buches
Das Arbeitsbuch besitzt mehr einen Heftcharakter, da es über einen weichen Softcovereinband und ein Din A4-Format verfügt. Es steigt mit einem Vorwort ein, in dem die Verknüpfung zum Kinderbuch „Wo kommt mein Essen her?“ dargelegt und der Aufbau in groben Zügen beschrieben wird. Dabei werden auch Abkürzungen, Farbgebungen und die Struktur der Seiten erklärt. Es folgt das Inhaltsverzeichnis, in dem die insgesamt acht Projekte aufgeführt sind. Danach erfolgt eine umfangreiche Einführung in das Lehrwerk, die überwiegend inhaltlich-thematisch angelegt ist. Besonders eingegangen wird auf die Kulturgeschichte des Essens, Bio-Siegel und Fairtrade und Lebensmittelverschwendung. Aber auch Trends wie Veganismus und Vegetarismus oder Zero-Waste werden beschrieben. Die Hinweise zur didaktisch-methodischen Umsetzung schließen sich an. Im Anschluss folgen die Projekte. Zunächst geht es darum, wo unser Essen herkommt. Dazu wird das erste Projekt vorgeschlagen, auf dem die Kinder auf einer Weltkarte mitgebrachte Lebensmittelbandarolen zuordnen sollen. Im Anschluss daran wird über Wachstumsbedingungen, Regionalität und Saisonalität gesprochen. Das zweite Projekt „Was wächst denn da?“ schlägt vor, Kürbiskerne in feuchte Küchenrolle einzuwickeln und diese in eine Plastikfolie vor dem Fenster zu platzieren. Die Kinder können den Pflanzen dann beim Wachsen zusehen. Es folgt das dritte Projekt „In meinem kleinen Apfel“. Hierzu schneiden die Lernenden unterschiedliche Obst- und Gemüsesorten auf und vergleichen die Kerne in ihrer Anzahl. Es können Memorys oder andere Zuordnungsspiele gestaltet werden, um das Wissen zu festigen. „Backe, backe Kuchen“ als viertes Projekt sieht vor, gemeinsam Getreidekörner zu mahlen und Brot bzw. Brötchen daraus zu backen. Das fünfte Projekt „Die Kuh macht Muh“ zeigt eine Möglichkeit auf, mithilfe von Lapbooks die Produkte, die aus Milch hergestellt werden, kennenzulernen. „Ein Zuhause für Nützlinge“ legt den Fokus auf die Nützlinge im Garten, die durch mit Gras gefüllte Eierkartons, die auf der Unterseite rot bemalt werden, hervorgelockt werden sollen. Auf diese Weise lernen die Kinder den Lebensraum wichtiger Insekten wie Florfliegen oder Ohrwürmer kennen. Im fünften Projekt „Die richtige Reihenfolge“ legen die Schüler:innen mit Bildern eine Reihenfolge, welche die unterschiedlichen Produktionsabläufe auf dem Fischkutter und der Fischfarm miteinander vergleichen. Das abschließende Projekt soll die Kreativität der Kinder fördern und sie Zusammenhänge erkennen lassen, indem der Lebenskreislauf vom Ei zum Huhn auf einem Kreis aus Papier mit selbstgestalteten Vorlagen nachgeahmt werden soll.
Die Seiten beinhalten neben den Tipps zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung auch Variationen und Tipps zur Anwendung sowie eine Materialliste. Das Arbeitsbuch schließt mit Literaturtipps zum Weiterlesen auf der letzten Seite. Darunter sind auch Webtipps mit kleinen Videos.
Reflexion
Die Analyse des Aufbaus der Kapitel und der Einblick in die Projektbeispiele hat deutlich gemacht, dass das Lehrwerk eine logische Struktur besitzt, anschauliche und variierbare Ideen bereithält und auch für die Lehrkräfte zusätzliche inhaltliche sowie didaktisch-methodische Anregungen bereithält. Darüber hinaus ist es einheitlich, übersichtlich und einfach gestaltet, sodass ein schnelles Einarbeiten möglich ist.
Der erste Teil, in dem die Inhalte und die didaktisch-methodischen Aspekte für die Betreuer:innen dargelegt werden, umfasst fünf Seiten. Die Texte sind gut verständlich und durch ihre Gliederung in Form von Zwischenüberschriften angenehm lesbar. Die darin gegebenen Informationen sind relativ knapp und könnten durch zusätzliche eigene Recherche, beispielsweise mithilfe der Materialien im Anhang, und Gespräche mit Landwirt:innen vertieft werden. Besonders wichtig erscheinen die didaktisch-methodischen Hinweise, die jedoch insgesamt sehr kurz ausfallen. Wünschenswert für Lehrpersonen wäre eine konkrete Rückbindung an curriculare Vorgaben, die eine Implementierung in Lehr-Lern-Settings gewährleisten. Gelingen würde dies über die Ausweisung von Lernzielen zu den einzelnen Vorhaben, die bei Bedarf noch differenziert und an die Lerngruppe angepasst werden könnten. Erste Ansätze finden sich in den Projekten unter dem Punkt „Erfahrungen“, diese gehen jedoch nicht weit genug und sind etwas zu allgemein verfasst. Zudem wäre eine konkrete Unterrichtsreihe, in die das Projekt passen würde, vorteilhaft. Für pädagogische Mitarbeiter:innen ist diese Kurzform angenehm, da die Vorbereitungszeit verkürzt wird und sie sich schnell in die Projekte einarbeiten können.
Die Projekte sind gut durchdacht und ermöglichen einen handlungsorientierten Zugang zu den Lerninhalten rund um das Thema Landwirtschaft. Nach der Rezension zum Begleitwerk („Wo kommt unser Essen her?“) kann gesagt werden, dass es nicht zwingend notwendig ist, das Buch parallel zu nutzen, was aus unserer Sicht problematisch ist. Wenn ein solches Werk angeschafft und explizit als Ergänzungsmaterial beworben wird, sollten solche Verknüpfungen unbedingt näher ausgeführt werden. Trotzdem kann Vieles aus dem Alltag, über Geschichten aus Lesebüchern oder anderem in den Unterricht gebracht werden und als Ausgangspunkt für die unterrichtliche Betrachtung dienen. Besonders zu erwähnen sind die eingangs bereits genannten Projekte zum Backen von Brot, zum Ausbringen der Kürbissamen und zur Ansiedelung von Nützlingen im Garten. Diese bedienen den Ansatz der Handlungsorientierung in besonderem Maße, da sie die eigene Tätigkeit mit dem Originalgegenstand fördern. Die anderen Projekte forcieren eher die entsprechende Methodik, z.B. das Anfertigen eines Lapbooks oder die Erstellung einer Bildergeschichte (Visual Literacy). Dabei muss allerdings hinterfragt werden, inwieweit die Kinder bereits in der Lage sind, die Aufgaben auszuführen. So ist die Arbeit mit einer Weltkarte für die ausgewiesene Zielgruppe ab fünf Jahren, etwas früh. In der Regel kommen die Lernenden erst ab der 3. oder 4. Klasse mit Weltkarten in Berührung. Alle diese Produkte, die am Ende des Projektes entstehen, sollten eine besondere Form der Würdigung erfahren: die Brote/Brötchen können gemeinsam verzehrt, Fotografien gemacht oder die Lapbooks und Bildergeschichten im Schulfoyer ausgestellt werden.
Ferner wäre es wünschenswert, wenn die Kopiervorlagen direkt im Lehrwerk aufzufinden wären. Viele Lehrpersonen und pädagogische Mitarbeiter:innen empfinden das Aufrufen der zugehörigen Links als zusätzliche Barriere, die überwunden werden muss.
Resümierend bleibt festzuhalten, dass sich im Lehrwerk sehr viele interessante Projektideen finden lassen, die handlungsorientiert gestaltet sind. Einige von ihnen ermöglichen sogar die Auseinandersetzung mit dem Originalgegenstand. Als Schwäche ist zudem die kaum vorhandene Verknüpfung zum Sachbilderbuch zu benennen. Auch die Aufbereitung der Materialien könnte noch optimiert werden. Neben den knappen Ausführungen zum didaktisch-methodischen Konzept und der fehlenden curricularen Einbettung wäre vor allem für Lehrkräfte die grobe Skizzierung einer Lehr- oder Unterrichtseinheit, in die das Projekt eingebettet werden könnte, wünschenswert. Es gilt jedoch zu beachten: Sofern die Möglichkeit besteht, die direkte Primärerfahrung außerschulisch zu erlangen, so ist sie der Projektarbeit in der Schule in jedem Fall vorzuziehen.
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Außerschulische Erkundung