Tiere auf dem Bauernhof
Das Heft „Tiere auf dem Bauernhof – Problemlösend-entdeckendes Lernen im Sachunterricht: Wissen erarbeiten und festigen“ ist 2012 erstmalig im Auer-Verlag erschienen. Es ist für den Sachunterricht in den Grundschulklassen 1-4 ausgelegt. Die Schülerinnen und Schüler[1] können mit dem Lehrwerk weitgehend selbstständig arbeiten, da problemlösendes und entdeckendes Lernen gefördert werden. Daher ist auch ein Einsatz im Nachmittagsunterricht gut realisierbar. Es wird begleitend die Nutzung von „Meine große Tierbibliothek“ aus dem Esslinger-Verlag empfohlen. Das Thema Landwirtschaft wird auf allen Seiten realisiert.
Lernziele und Kompetenzen
Das Heft bietet den Schülern die Möglichkeit, eine Vielzahl von Kompetenzen zu erwerben, die durch die Lehrpläne und Curricula vorgegeben werden. So gibt beispielsweise der Lehrplan für das Fach Sachunterricht in Nordrhein-Westfalen im Kompetenzbereich „Natur und Leben“ unter dem Schwerpunkt „Tiere, Pflanzen und Lebensräume“ vor, dass die Schüler den Körperbau und die Lebensbedingungen von Tieren erkunden und ihre Ergebnisse dokumentieren sollen. Das Heft setzt diese Forderungen zum Beispiel auf den Seiten zur Schafhaltung um, in denen Grundlagen zur Schäferei gelegt werden. Im Weiteren wird der Aufbau des Verdauungssystems der Tiere in den Blick genommen. Auch die im Lehrplan formulierte Kompetenz, dass die Schüler die Entwicklung von Tieren beschreiben sollen, wird im Heft auf den Seiten zur Domestizierung des Rindes realisiert.
Das Lehrwerk gibt ferner Anweisungen und unterrichtliche Umsetzungsmöglichkeiten für die Lehrkräfte vor, um eine optimale Einbettung des Materials in den Unterricht zu ermöglichen. Mit dem didaktischen Prinzip des problemlösenden-entdeckenden Lernens wird hier ein konstruktivistischer Ansatz gewählt, der die Qualität des Lernens der Schüler in den Mittelpunkt rückt.
Analyse
Aufbau der Kapitel
Im Heft finden sich acht Kapitel. Nach dem Inhaltsverzeichnis findet sich das Vorwort, in dem noch einmal kurze Hinweise und Tipps für den Einsatz im Unterricht gegeben werden. Neben Symbolerklärungen und Differenzierungsmöglichkeiten finden sich auch die Kompetenzen, die mit der Bearbeitung der Materialien gefördert werden, sowie die Lösungen. Es schließen sich die Arbeitsblätter an, die unterschiedliche Medien miteinander kombinieren: kleine Texte, Bilder zum Ausmalen, Aufgaben oder sonstige Grafiken. Alle Kapitel weisen dieselbe Struktur auf. Es werden zunächst die Bauernhoftiere im Allgemeinen danach das Schwein, das Schaf, die Ziege, die Kuh, das Huhn, der Esel und das Pferd betrachtet.
Reflexion
Das Lehrwerk gestaltet sich einheitlich und übersichtlich. Die Bilder und Darstellungen sind altersgerecht, die Texte kurz und einfach geschrieben. Die Schüler können viele nützliche Informationen zum Thema Landwirtschaft gewinnen und werden spielerisch an die Inhalte herangeführt. Der Ansatz des problemlösend-entdeckenden Lernens ist hier sehr gut gewählt, da großes Potenzial in dem Thema liegt. Vorwissen und Motivation dürften bei den Lernenden dieser Altersgruppe in ausreichendem Maße vorhanden sein. Die Aufgabenstellungen fordern zum Handeln auf und fokussieren das Basteln, Erleben und den Austausch untereinander. Die jeweils ein- bis zweiseitigen Einführungen für die Lehrkräfte sind ebenfalls sehr gelungen und weisen auf weitere handlungsorientierte Umsetzungsmöglichkeiten hin.
Das erste Kapitel, das Bauernhoftiere im Allgemeinen behandelt, beginnt mit einer Aufzählung aller Tiere, die auf dem Bauernhof leben. Außerdem werden die Unterschiede zu Haustieren, Zootieren und wildlebenden Tieren besprochen. Tierlaute und charakteristische Körperteile werden im Nachgang thematisiert. Auch besondere Interessen haben ihren Platz und werden bedient, indem über ein besonderes Tier genauer nachgeforscht werden kann.
Es folgt das Kapitel zum Schwein. Einleitend finden sich die Lehrerhinweise, in denen zum Stationenlernen für die Bearbeitung des Kapitels angeregt wird. Die Schülermaterialien stellen zunächst die Körperteile des Schweins in den Mittelpunkt der Betrachtung. Daran anknüpfend werden unterschiedliche Rassen von Schweinen sowie das Leben von Schweinen genauer beleuchtet. Weitere Seiten sind zum Futter der Tiere, zur Nutzung ihres Fleisches sowie zu den Mitgliedern der Tierfamilie zu sehen. Alle Informationen können die Schüler in einem kleinen Schweinelexikon zusammentragen. Kreative Impulse werden mit Hilfe eines Spiels, einer Bastelanleitung für ein Origami-Schwein, mit bekannten Sprichwörtern und mit kleinen Rätseln gesetzt. Sehr zu empfehlen ist die eingangs bereits genannte Bearbeitung der Materialien innerhalb eines Stationenlernens.
Im dritten Kapitel steht das Schaf im Fokus der Betrachtungen. Ähnlich wie zuvor werden zunächst Empfehlungen für den unterrichtlichen Einsatz gegeben. In den Arbeitsmaterialien wird zuerst der Körperbau des Tieres behandelt, dann die Geburt eines Lammes, die Haltung der Tiere, wobei die Hütehaltung im Zentrum steht, sowie das System des Wiederkäuens erklärt. Es folgen eine Bastelanleitung für ein Wollschaf, ein kleines Quiz, mehrere kurze Lesetexte und eine Erklärung bekannter Sprichwörter mit Schafen.
Das vierte Kapitel widmet sich den Ziegen. Nach der bekannten Einführung für die Lehrkräfte werden auch hier zuerst die Körperteile des Tieres benannt und zugeordnet. Im Weiteren steht die Haltung von Ziegen im Fokus, wozu die Schüler einen kleinen Text lesen und Aufgaben lösen. Die Aufgaben dienen vornehmlich dem Textverständnis, erleichtern aber auch den Zugang zu den fachlichen Themen. Das Kapitel enthält ferner ein Rätsel, eine Übersicht zu den Mitgliedern der Tierfamilie, eine Fabel, einen Witz sowie kleine Redewendungen rund um die Ziege und ein Quiz.
Die Kuh als landwirtschaftliches Nutztier wird in Kapitel fünf betrachtet. Hinter den Lehrerempfehlungen beginnen die Schülermaterialien mit dem Aussehen der Kühe. Dabei werden die verschiedenen Arten thematisiert und die Domestizierung der Tiere in den Blick genommen. Über dies wird die Haltung im Stall und auf der Weide erarbeitet. Ähnlich wie auch beim Schwein enthält das Kapitel ein Spiel, bei dem die Lernenden nützliche Informationen gewinnen können. Es folgt außerdem eine Erläuterung des Verdauungssystems der Kuh. Als Abschluss dieses ersten Teils gibt es auch hier ein kleines Rinderlexikon, in das die Lernenden ihre Erkenntnisse eintragen können. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit den verschiedenen Produkten, die von der Kuh stammen. Besonderer Fokus liegt dabei auf der Milch, deren gesamte Produktionskette altersgerecht beschrieben wird und mithilfe eines Schaubildes anschaulich dargestellt wird. Den Abschluss des Kapitels bilden ein kleines Experiment, in dem die Schüler Butter selbst herstellen, sowie Erzählungen und Sprichworte rund um die Kuh.
Das Kapitel zum Huhn setzt sich nach der Lehrereinführung als erstes mit den verschiedenen Rassen und der Domestizierung der Tiere auseinander. Im Anschluss daran wird die Hühnerhaltung besprochen. Dabei werden kleine Texte zu den einzelnen Haltungsformen gelesen und deren Vor- und Nachteile zusammengetragen. Es finden sich teilweise negative Beschreibungen der Eierproduktion, die sich aber gut durch lenkende Eingriffe der Lehrkraft minimieren lassen dürften. Nichtsdestoweniger sollte in der Grundschule auf derartige Vergleiche von Haltungsformen verzichtet werden, da Kinder dieses Alters noch nicht in der Lage sind, sich eine eigene Meinung zu bilden. Weiterhin wird in diesem Kapitel auf das Ei als wichtigstes Produkt vom Huhn eingegangen. Dazu werden das Legen des Eis, der Vorgang des Brütens und der Code auf Eiern angesprochen. Als kleine Experimente werden Frischetests vorgeschlagen. Weitere Produkte des Huhns sind seine Federn, die ebenfalls genauer betrachtet werden. Abwechslung bieten am Ende des Kapitels erneut die kleinen Sprichworte und eine Bastelanleitung für ein Falt-Huhn.
Im vorletzten Kapitel steht der Esel im Zentrum der Betrachtungen. Im Anschluss an die Lehrerempfehlungen werden die Körperteile des Esels benannt und seine frühere Bedeutung thematisiert. Als Lasttier hat er in Deutschland keine Bedeutung mehr, er wird jedoch in anderen Ländern der Welt nach wie vor so eingesetzt. Die weiteren Tiere, die zur Familie des Esels gehören sowie das Verhalten des Tieres werden behandelt. Sehr starken lebensweltlichen Bezug weist das Material zu den „berühmten“ Eseln auf, in dem die Schüler aus ihrem Alltag berichten können. Mit Hilfe eines abschließenden Domino-Spiels kann das erworbene Wissen gefestigt werden.
Das Kapitel zum Pferd ist das letzte im Heft. Ähnlich wie bereits in den vorangegangenen Kapiteln werden Lehrerempfehlungen gegeben, Charakteristika des Aussehens der Tiere benannt, unterschiedliche Rassen und Arten von Pferden angesprochen und ein Lexikon zur Festigung des Wissens angeboten. Wildpferde als ursprüngliche Form unseres heutigen Nutztieres werden noch einmal besonders hervorgehoben. Anschließend wird das Futter der Tiere und seine eigentümlichen Gangarten beleuchtet. Material zu bekannten Redewendungen rund um das Pferd und eine Bastelanleitung für ein Hampel-Pferd bilden das Ende des Heftes.
Abschließend kann gesagt werden, dass die Materialien sich sehr gut eignen, die Nutztiere des Bauernhofes im Unterricht zu behandeln. Besonders gelungen ist die Orientierung am problemlösenden und entdeckenden Lernen, dass die Schüler motiviert, in ihrer Lebenswelt abholt und neues Wissen nachhaltig aufbaut. Die vor jedem Kapitel angesiedelten Lehrerempfehlungen unterstützen bei der Planung des Unterrichts, geben neue Impulse und ermöglichen ein binnendifferenziertes Unterrichten in den heterogenen Lerngruppen der Grundschule. Wenngleich die altersadäquate Darstellung im Heft positiv zu bewerten ist, hat sich doch – insbesondere bei der Thematisierung der Haltungsformen von Hühnern und Schweinen – gezeigt, dass Aspekte angesprochen werden, die der Lehrplan nicht vorsieht und die Kinder der Grundschule noch nicht vollumfänglich verstehen können[2]. Hier empfiehlt sich der Besuch eines Bauernhofes in der Region, um eine erste Urteilsbildung anzubahnen und die im Unterricht behandelten Sachverhalte praktisch erfahrbar zu machen.
[1] Im Folgenden wird zur Vereinfachung die maskuline Form verwendet.
[2] Mehrere Modelle der Pädagogischen Psychologie u.a. Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung 1958 gehen davon aus, dass Kinder erst ab etwa 14 Jahren dazu in der Lage sind, ein moralisches Urteil zu fällen.
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